Kooperationen zwischen chinesischen und deutschen Automobilunternehmen sind in den letzten Jahren zunehmend bedeutender geworden. Diese Partnerschaften erstrecken sich über verschiedene Bereiche wie Fahrzeugproduktion, Batterietechnologie, Infrastrukturentwicklung und Forschung und Entwicklung. Sie spiegeln nicht nur die Globalisierung der Automobilindustrie wider, sondern auch die strategischen Bemühungen beider Länder, ihre Position im globalen Wettbewerb zu stärken.
Ein sehr frühes Joint Venture gab es zwischen BMW und der Brilliance China Automotive Holdings. Bereits 2003 gründeten diese gemeinsam das Joint Venture BMW Brilliance Automotive Ltd. in Shenyang. Dieses Joint Venture produzierte BMW-Fahrzeuge für den chinesischen Markt und trug zur starken Position von BMW in China bei. Die Partnerschaft wurde weiter vertieft als BMW seinen Anteil an dem Joint Venture 2022 auf 75% erhöhte.
Ein weiterer Meilenstein in deutsch-chinesischen Kooperationen ist Volkwagen Anhui, ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem chinesischen Hersteller JAC. Volkswagen hält dabei eine Mehrheitsbeteiligung von 75%. Das Unternehmen konzentriert sich auf die Entwicklung und Produktion von Elektrofahrzeugen. Anhui gilt als Testfeld für VWs Elektrostrategie in China. Der Standort soll künftig eine zentrale Rolle im Volkswagen E-Mobilitätsnetzwerk in Asien spielen.
Im Jahr 2023 sorgte eine überraschende Kooperation für Schlagzeilen. Volkswagen stieg beim chinesischen Elektroautohersteller Xpeng ein, um gemeinsam neue Fahrzeugmodelle zu entwickeln. Ziel ist es, Zugang zu innovativen Technologien und Softwarelösungen von Xpeng zu bekommen, insbesondere im Bereich autonomes Fahren und intelligente Fahrzeugarchitektur. Volkswagen will mit dieser Partnerschaft die Entwicklung von zwei neuen Elektromodellen speziell für den chinesischen Markt beschleunigen. Die Auslieferung ist ab 2026 geplant.
Auch die chinesische Industrie investiert aktiv in deutsche Standorte, um näher am Kunden zu sein und Lieferketten zu verkürzen. So betreibt der chinesische Batteriehersteller CATL in Thüringen sein erstes Werk außerhalb Chinas. Seit Ende 2022 produziert CATL dort Batteriezellen für europäische Automobilhersteller. Das Werk zählt zu den größten Batteriefabriken Europas.
Gotion High-Tech, ebenfalls ein chinesischer Batteriehersteller, ist ein strategischer Partner von Volkswagen. 2020 übernahm der deutsche Konzern eine Mehrheitsbeteiligung an Gotion. Volkswagen will durch diese Beteiligung die Kontrolle über wichtige Batterietechnologien sichern und unabhängiger von Drittanbietern werden. Die Zusammenarbeit umfasst sowohl Forschung und Entwicklung als auch gemeinsame Produktionsstätten.
Die deutschen Hersteller Mercedes-Benz und BMW haben sich in China zusammengeschlossen, um ein gemeinsames Netz von Schnellladestationen aufzubauen. Die Kooperation reagiert auf die mangelnde Ladeinfrastruktur, die ein Hindernis für die Elektromobilität in China darstellt. Geplant sind mehrere tausend Ladepunkte in den wichtigsten Metropolregionen, mit Fokus auf Nutzerfreundlichkeit, Ladeleistung und Integration in die schon bestehenden Ökosysteme der Marken.
Der chinesische Elektroautohersteller NIO ist seit 2022 aktiv auf dem deutschen Markt vertreten. Neben dem Verkauf und Leasing seiner Fahrzeuge baut NIO auch eine eigene Ladeinfrastruktur auf inklusive Wechselstationen für Batterien. Dieses Konzept unterscheidet sich vom üblichen Laden per Kabel und zielt darauf ab, Ladezeiten zu verkürzen.
Der chinesische Automobilkonzern Chery Automobile hat in Hessen seinen europäischen Hauptsitz eröffnet. Ziel ist die Einführung von Fahrzeugen unter den Marken Omoda und Jaecoo auf dem deutschen Markt. Neben Vertrieb und Marketing plant Chery mittelfristig auch Fertigung und Forschung in Europa. Dieser Schritt steht exemplarisch für die zunehmende Internationalisierung chinesischer Hersteller, die aktiv in Europa expandieren.
Die Kooperationen zwischen chinesischen und deutschen Automobilunternehmen bieten eine Vielzahl von Chancen, gleichzeitig sind sie jedoch auch mit Herausforderungen verbunden.
Eine der größten Chancen liegt im technologischen Austausch. Beide Seiten profitieren von gemeinsamem Know-how, etwa im Bereich der Elektromobilität, Batterietechnologie oder des autonomen Fahrens. Chinesische Unternehmen bringen dabei oft Innovationskraft und Geschwindigkeit in der Umsetzung neuer Technologien ein, während deutsche Hersteller auf ihre Ingenieurskunst und langjährige Erfahrung in der Fahrzeugentwicklung setzen können. Durch diese Zusammenarbeit entstehen Synergien, die nicht nur die Entwicklungskosten senken, sondern auch die Markteinführung neuer Produkte beschleunigen können.
Ein weiterer Vorteil liegt im gegenseitigen Marktzugang. Deutsche Automobilfirmen erschließen sich durch Partnerschaften mit chinesischen Unternehmen einen direkten Zugang zum weltweit größten Automobilmarkt. Umgekehrt profitieren chinesische Firmen von der Reputation, der Technik und den Vertriebsstrukturen deutscher Konzerne, insbesondere auf dem europäischen Markt. Zudem ermöglichen gemeinsame Plattformen und Produktionsstandorte Skaleneffekte, die in einem zunehmend kompetitiven globalen Umfeld entscheidend sein können.
Gleichzeitig sind solche Kooperationen nicht frei von Risiken. Handelskonflikte oder politische Einflussnahme können bestehende Projekte gefährden oder zukünftige Vorhaben erschweren. Hinzu kommt die Gefahr einer einseitigen Abhängigkeit. Wenn sich Unternehmen zu stark aufeinander stützen, könnte langfristig technologische Souveränität verloren gehen.
Auch regulatorische Unterschiede zwischen den beiden Märkten stellen eine Herausforderung dar. Unterschiedliche Normen, Zulassungsvoraussetzungen oder Datenschutzrichtlinien erschweren die problemlose Integration von Produkten und Prozessen. Um diese Partnerschaften erfolgreich zu gestalten, braucht es deshalb nicht nur wirtschaftliches Geschick, sondern auch ein hohes Maß an strategischer Voraussicht. Nur so können Chancen optimal genutzt und die Risiken nachhaltig minimiert werden.
Die wachsenden Kooperationen zwischen deutschen und chinesischen Automobilunternehmen werden in Deutschland mit gemischten Gefühlen betrachtet. Während Vertreter der Industrie in den Partnerschaften wichtige wirtschaftliche Chancen sehen, äußern sich Teile der Öffentlichkeit und Politik auch kritisch. Besonders diskutiert werden mögliche Abhängigkeiten von China, Fragen der technologischen Souveränität sowie datenschutzrechtliche und sicherheitspolitische Bedenken zum Beispiel im Kontext gemeinsamer Entwicklungen im Bereich autonomes Fahren. In sozialen Netzwerken zeigt sich ein breites Meinungsspektrum, das von Skepsis bis optimistische Offenheit reicht. Ein Reddit Nutzer schreibt beispielsweise „Konkurrenz belebt den Markt, mehr Ansporn für VW im Niedrigsegment besser zu werden.“ Ein anderer Nutzer schreibt: „Wettbewerb belebt das Geschäft und ist gut für den Endverbraucher, ggf. werden die E-Autos dadurch etwas bezahlbarer für die breite Masse.“ Es gibt jedoch auch Stimmen, die es kritisch sehen, mit China zu kooperieren. Ein Nutzer schreibt beispielsweise: „Die chinesischen Elektroautohersteller überholen alle westlichen Hersteller links und rechts. Es geht darum, dass die westlichen Hersteller in China bei Elektroautos nicht/kaum mithalten können und dabei sind riesige Marktanteile zu verlieren.“.
Trotz aller Herausforderungen zeigen die bestehenden Kooperationen zwischen chinesischen und deutschen Automobilunternehmen, dass gegenseitiges Vertrauen und strategische Partnerschaften ein Schlüssel zur Gestaltung der Mobilität der Zukunft sein können. In einer Branche, die sich im Wandel hin zu elektrischen, vernetzten und autonomen Fahrzeugen befindet, eröffnen solche internationalen Allianzen neue Perspektiven für Innovation, Nachhaltigkeit und wirtschaftliches Wachstum. Wenn beide Seiten weiterhin auf Augenhöhe zusammenarbeiten, Standards gemeinsam entwickeln und voneinander lernen, können sie nicht nur voneinander profitieren, sondern auch gemeinsam globale Impulse setzen. So kann die Zukunft der Automobilindustrie nicht von nationalen Alleingängen geprägt sein, sondern von Kooperation.